: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 14. Dezember 2010

Sie wollen weg hier.

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin, skandierten die Betrunkenen, die vorhin am Haus vorbeigezogen sind. So etwas sagt man nicht, wenn man nüchtern ist, nehme ich an.



Ungeachtet dessen komme auch ich ab und an beim Rumklicken auf Berliner seiten vorbei: Berlinexilanten aus dem alten Westen und Ostflüchtlinge vor allem, eher selten: Berliner. Die bloggen nicht, die saufen sich zu Tode und lesen Bild.

Vielleicht täusche ich mich auch, aber wenn ich auf ein mir bislang nicht bekanntes Blog stosse, und dann sehr bald über Probleme mit mehr als nur Luxussorgenanmutung lese, tippe ich meist zurecht auf Ostflüchtlinge. Als hätten sie sich in Berlin etwas anderes erwartet, als das zu sein, was sie sind, als gäbe es dort sowas wie einen Freifahrtsschein zu einer Biographie, in der man wirklich nur noch Luxussorgen hat. Nichts gegen Jammern, macht jeder gern, aber wenn aus dem Jammern dann auch noch eine Grundhaltung wird - Gentrifizierung! Gender! Grundeinkommen! - frage ich mich, wo das bittschön ankommen soll. Ja, die Welt ist böse, gemein und verteilt keine Freiflüge auf die Malediven, die Jobsituation ist in Berlin unterirdisch und wem es nicht passt, der kann gerne hierher ziehen, hier wissen sie schon wieder nicht mehr, wo sie noch die Leute für all die tollen Geschäftsmodelle einkaufen sollen. Alle zwei, drei Wochen kommt hier eine Klitsche vorbei und fragt, ob ich nicht lieber was für sie machen möchte. Natürlich gibt es hier aber auch Gender Issues und Wohnraumprobleme und so ekelhafte leistungsfreundliche Vorstellungen wie "Zusagen müssen eingehalten werden". Dafür, dass man hier in der Vorstellung von Berlin sein eigenes, kleines Zwangsarbeitslager ist, sind die Rahmenbedingungen gar nicht so übel, und das Wetter ist selbst im Winter sehr viel besser.

Und wenn man dann mal einen normalen Beruf mit einem normalen Einkommen und so Zeug wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall hat, kann man bei der nächsten Darmgrippe auch ziviliert darüber nachdenken, wie mies, gemein, kapitalistisch und frauenfeindlich das hier alles ist, wenn der Arzt einen erst mal nicht mehr krankschreibt. Und sich zurück erinnern an das schöne, angenehm siffige Leben jenseits der Zwänge und der Sicherheit, dass die Karte noch am 3. des Monats etwas ausspuckt. Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.

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Ex-Mas

Würde es Weihnachten nicht geben, müsste man es für die Scheidungsanwälte erfinden - so in etwa argumentiere ich dystopisch und im Vorgriff auf kommende Bedürftige meiner Gästewohnung in der FAZ.

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