Bring in... the comfy chair!

Und a soft cushion habe ich auch



In den letzten Jahren, dank der Wegwerfneigung meiner Zeitgenossen, habe ich ja einige erstaunliche Erwerbungen machen können. Ja, man kann fast sagen: Ich kann recht günstig leben, und das, ohne dass ich deshalb auf 30 versifften Quadratmetern hausen müsste, wie es soeben jemand gestand, der gerne das Eigentum und besitzende "Parasiten" abschaffen würde. Ohne zu bedenken, dass diese Parasiten sein HartzIV, sein bedingungsloses Grunbdeinkommen, seine Versicherungen und all die anderen tollen Leistungen dieses Staates für ihn und sein faules Dasein bezahlen. Oh, ich mache auch gern Schnäppchen und überlasse anderen die Verluste: Ich habe in etwa eine 90%-Regel beachtet. Es sollten beim Erwerb 90% vom Originalpreis weg sein, dann lohnt es sich auf jeden Fall. Felgen für die Barchetta fast im Neuzustand, kaum gefahrene Rennräder von Zahnärzten, Mahagonitische, die kein Erbe wollte, feinstes Porzellan aus Pappkisten... beim Essen bin ich ganz anders, da bin ich kompronisslos, aber bei Gebrauchsgütern sehe ich einfach nicht ein, Ladenpreise zu zahlen für Fabrikgegenstände, wenn ich Besseres, preloved, wie die Briten sagen, anderweitig bekomme.

Und vor fünf Jahren war so einiges zu tun, schliesslich vergrösserte ich mich von 35 + 45 Qaudratmeter in zwei Städten auf 80 + 45 Quadratmeter in einem Haus. Ohne dass ich von den 35 recht viel mehr als meine Bücher benötigt hätte. Wie auch immer: Da war die neue Bibliothek. Und ich wollte eine weiche, warme Sesselgarnitur. Und als ich dann bei der Caritas über ein hellgrünes, wuchtiges Chippendaleensemble stolperte, dachte ich: naja, als erste Zwischenlösung... das war vor 5 Jahren.



Inzwischen weiss ich, dass ich damals etwas entsetzlich Unmodernes gekauft habe, das nut so mittelgut farblich passt. Das mag man durchaus so sehen, andererseits gehört zu meiner Sozialisation auch das Haus am Eton Place und der Doktor und das liebe Vieh und anglophile Verwandtschaft, die dort lebte, und das prägt mehr als die Farbe, ob das Grün wirklich perfekt stimmig ist. Ich weiss aber auch, dass es die Gäste geradezu lieben, in diesen sagenhaft breiten, weichen und bequemen Sesseln zu liegen, auch wenn sie nicht gerade der letzte Schrei und aus kaltem Leder sind. Und sie haben diese 5 Jahre uhnbeschadet überstanden. Die Fäden, die eine Katze herausgezupft hat, die waren schon so, sind aber irgendwie... wie soll ich sagen.., ich sehe das nicht als Beschädigung, sondern als Leben an. Längst sind Sofa Chip und seine Vettern keine Zwischenlösung mehr, sondern geliebtes Inventar mit neuer und angenehmer Geschichte.



Ich finde das Wetter gerade auch nicht berauschensd, ich gehe nicht mehr als eine Stunde hinaus in die Kälte, und wenn ich ehrlich bin, muss ich sagen: Ich bin zwar eingeschneit, aber durch das Haus praktisch eingefroren. Es fördert die Stimmung nicht. Es könnte alles gerade wärmer und angenehmer sein. Und wenn ich es so haben will, lasse ich mich einfach auf den Sessel neben der Heizung fallen, trinke einen Tee, lese ein Buch, und das alles da draussen ist nicht mehr wirlich bedeutend.

Und das alles für 50 Euro. Ich habe vorhin in einem Möbelhauskatalog geblättert und herzlichst gelacht. Und Chip und seine Cousins haben, glaube ich, auch gegrinst. Sofas grinsen nicht, mag man einwenden, aber nachdem sie aus Bielefeld kommen, einer Stadt, die es gar nicht gibt, kann es natürlich auch sein, dass sie grinsen.

Sonntag, 5. Februar 2012, 18:09, von donalphons | |comment

 
Danke für den Hinweis auf den Text.
Also war sein Bilderklau damals ja wohl kein Irrtum, sondern Konsequenz seiner Einstellung zum Eigentum.
Unglaublich, daß der mal für die gleiche Zeitung wie Sie gebloggt hat.

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"...auch wenn sie nicht gerade der letzte Schrei und aus kaltem Leder sind."


Ist das kein Velours?

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Das sieht mir sehr nach dem Ensemble aus, das meine Großmutter besaß. Die wohnte aber nie in Bielefeld, außerdem weiß ich, wo jene Cousins abgeblieben sind.

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Der Produktionsstandort ist Bielefeld. Was wurde aus den Cousins?

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Zogen zu meinem Vater und mit dem dann etliche Jahre später nochmals um, stehen da immer noch und werden zum Teil auch weiterhin benutzt (beim Sofa bin ich mir nicht ganz sicher, aber entsorgt ist es auch nicht).

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lieber don, die 90-prozentregel beherzige ich ebenso, mithin sind wir also veritable konkurrenten. man ist wirklich kein schnäppchenjäger, doch macht es erst richtig freude, anderen zu helfen, von dingen loszukommen, die sie nicht mehr möchten, damit diese wieder geschätzt werden. vor einigen jahren haben wir uns ein qualitätiv höchstwertiges und sehr gutes gepflegtes, aber unglaublich veraltetetes esszimmer für den wintergarten hinzugekauft, für einen apfel und ein ei, ursprünglich ebenso nur für den übergang. es ist wohl anzunehmen, dass die dinge (uns) überdauern werden.

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Veralten tut alles, ich finde, den Prozess kann man sich auch prima sparen und gleich zum Alten kommen.

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Ich finde solche Sessel wirklich toll. Leder… pff… wer braucht das schon. Und ob das jetzt alles so genau zueinander passt – mal ehrlich: gemütlich muss es sein und man muss sich wohl fühlen können.

Zum Thema Wetter: was ist denn bitte so schlimm an der Kälte? Erst jammern alle rum, dass der Winter ausfällt und jetzt jammern alle rum, dass es so kalt ist ;)

Ich war vorhin am Eibsee. Es war zwar bitterkalt, aber dafür ein echtes Wintermärchen! Außerdem war kaum ein Mensch da – ich bin auf dem Weg um den See herum niemanden begegnet und das war echt super (OK, im Zweifelsfall natürlich auch gefährlich, wenn man alleine ist). Aber trotzdem: einfach schön :)

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Bielefelder Werkstätten von der Caritas. Beeindruckend. Nicht die Tatsache, dass von den Hartzern keiner die Garnitur haben wollte. Sondern dass man so etwas wegwirft.
Vor 30 Jahren hatte meine Mutter ein 2er-Biedermeiersofa dort neu gekauft. Außer einem neuen Bezug musste bis heute nichts daran gemacht werden. Ich verstehe die Leute nicht.

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äh. warum jetzt caritas? ich glaube, da verwechseln sie etwas. bielefeld mag mit den von bodelschwinghschen anstalten und dem johanneswerk ausreichend und bis zum anschlag protestantisch wohltätig sein, aber jab a. zu einer karitativen einrichtung zu erheben, geht dann doch etwas weit...

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"dass von den Hartzern keiner die Garnitur haben wollte."

Nun, die nähme wohl einen Großteil des wohl häufig karg bemessenen Wohnraumes in Anspruch; vulgo: zu groß. Auch der Transport kostet entsprechend.
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A propos Leder... pff! Ich suche seit Jahrzehnten einen bezahlbaren Bürostuhl (sogenannter Chefsessel), der NICHT aus diesem kalten glatten Zeugs ist: vergebens.
Leder - oder Plastik, das so aussieht wie Leder - scheint billiger für den Hersteller zu sein als Cord oder anderes hautfreundliches Gewebe.

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Es ist einfach ganz extrem aus der Mode. Man darf sich nicht täuschen: Auch Bedürftige richten sich nach dem, was ihnen vorgelebt wird. Das hier stand eine Woche herum, bis ich es nahm. Und so gross ist es auch nicht

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Meine Bavaria-und Rosenthal-Teller mit Goldrand habe ich aus dem Sperrmüll in einem Stadtviertel, das als sozialer Brennpunkt gilt, zwischen Straßenstrich, Asylbewerbersammellager und Wohnblock für Langzeithartzer.

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Diebesgut?

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Ich vermute eher die Hinterlassenschaften einer Wohnungsauflösung nach Todesfall oder Ähnliches. Vielleicht dachten die Nachkommen ja, nur original IKEA oder Woolworth seien etwas wert. Aber in der Gegend gab es tatsächlich ein Haus, dessen Keller mit geklauten Fahrrädern vollgestellt war.

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vert, ich hab nichts verwechselt. Der Don schrieb, dass er das Sofa der Bielefelder Werkstätten bei der Caritas geholt hat.

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(ah, da wo ich neulich diese cinque-jacke für'n zehner her hab...)
das ist mir dann wohl durchgerutscht.

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