: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Sonntag, 25. September 2005

Abschlussdebatte im ZKM

Ganz am Schluss, als ich mich schon etwas bei der Organisatorin hängengeblieben war, traf ich dann noch eine Bekannte aus alten Münchner Tagen, die jetzt am ZKM ist und mich noch in anderer, dem ZKM angemessener Funktion kennt. Sie war nicht auf der Veranstaltung, aber schon auf einigen anderen. Ihr zufolge hätte es hier schon alles mögliche gegeben, Brüllorgien, Exzesse, immer noch besser als die Langeweile, die wir ja aus München schon zur Genüge kennen, oder die Events für die closed circles, wo sich die treffen, die sowieso schon immer zusammen waren.

Da standen wir dann im hellen Licht eines Frühherbsttages, sprachen von alten Bekannten und dem Umstand, dass fast niemand mehr aus dieser Zeit in München ist, sie sind in Paris, Island, Hamburg, Berlin, Zürich, Porto; geblieben ist eigentlich nur eine Kulturreferentin, alles nicht schön für die Stadt an der Isar. Und ich dachte so zurück an unsere Aktion damals in einer Fabrikhalle, für ein sehr kunstsinniges, akademisches Publikum, und den Herrn aus Kanada...

Der war Medienkünstler und hatte eine Art user generated Video entwickelt, das durch den Dialog von realen Menschen und programmierten, künstlich intelligenten Wortagenten entstand. Die eingetippten Wortkombinationen lösten passend verknüpfte Videoschnipsel aus, die der Künstler im Internet zusammengeklaut hatte. Damit wurde der Film zusammengesetzt, und man konnte sich die Kommunikation und den Film auf zwei Displays anschauen. Es war lustig, an dem Video zusammen mit den Agenten rumzubasteln, und überraschend viele haben sich das auch getraut.

Was allgemein bekannt war: Ein paar Schnipsel enthielten auch Sex, oder akademisch gesprochen, bildliche Darstellungen geschlechtlicher Interaktion zwischen Personen (BDGIZP). Diese BDGIZP-Szenen waren natürlich auch verknüpft, aber es war nicht so einfach, als dass man einfach eine Wortagentin hätte anmachen können, und die Szene wäre gelaufen.

Trotzdem haben viele per WLAN versucht, genau das zu provozieren, und das Publikum blieb lange vor dem Plasmadisplay, irgendwann kam die BDGIZP-Szene, aha, man blieb noch ein paar Anstandsmomente und zockelte weiter zum nächsten Ausstellungsobjekt. Kurz, es war Kunst, es ist weltweit in dieser Szene anerkannt, es war damals via WLAN ziemlich einzigartig in Deutschland, und es war ein Höllenspass.

Und ich hatte bei der Abschlussveranstaltung ein wenig den Eindruck, zusammen mit Johnny genau dieses ansteuerbare BDGIZP-Element gewesen zu sein. Man wunderte sich trefflich über unsere Streitlust, über den harten Stil, warum wir nicht so sind wie unsere Kollegen von der Podcaster- und Videocaster"szene", die erkennbar um einen Sinn, sei es nun politisch oder ökonomisch, ihrer Tätigkeit bemüht waren. Ein Problem an sich grossartige Sache war, dass man sich Johnny und Don Ramone auf die Bühne geholt hatte, die jeweils eine sehr eigene Bühnenpräsenz haben. Andere wären vermutlich anders aufgetreten, ohne dass es - meines Erachtens - die Veranstaltung inhaltlich weiter gebracht hätte.

Denn ich hatte den Eindruck, dass man vorgehabt hat, damit in die"Blogger-Szene" einzutauchen, und man hatte wohl auch gehofft, dass dieses "Szene" nur darauf wartet, an die akademischen Diskurse angedockt zu werden und die passenden Antworten und Selbstreflexionen zu liefern. Nur, es gibt diese Szene nicht, so wie zwei Punkrocker nicht für die Popkultur stehen. Der Umstand, dass viele Leute die gleiche Software benutzen, bedeutet nichts, und wenn doch, dann nur auf der sozialen Ebene. Die wiederum lebt von Kommentaren. Und die Kommentare setzen eine Bereitschaft zur einer sehr ungewöhnlichen, asymetrischen Kommunikation voraus. Interessanterweise war die Vortragssituation sehr dem Bloggen vergleichbar - ich stehe mit Namen und Funktion erkennbar vorne, jeder kann mein Blog lesen und Informationen bekommen, aber was weiss ich von denen ausser dem Namen? Nichts. Und da sind wir dann wieder bei der Streitkultur, die sich jetzt darin äussert, dass ein empörter Zuhörer Johnny in seinem Blog anpöbelt - hier müsste er eine echte Mailadresse angeben, deshalb ist er wohl nicht hier.

Es ist nur logisch, dass mein Vortrag von vielen nicht gemocht wurde; die Kritik an Johnny verstehe ich nicht, aber meine Zeit als Akademiker ist ja auch schon lange her. Ich weiss nur noch: Nichts hasst der Betrieb mehr als die Nichtbeachtung des Betriebs, denn das bringt ihn zum Holpern. Der Blogbetrieb ist da mit seinen eigenen Codes über weite Strecken auch nicht besser. Aber ich hatte auch den Eindruck, dass ältere Wissenschaftler - im Gegensatz zu Studenten, die erst mal ihren ruhigen Platz im System finden müssen - und ältere Blogger nach 1o grossen Flames mit dem Holpern recht gut umgehen können. Es vielleicht sogar als dekonstruktivistisches Element schätzen, dieses baudrillardsche Pieksen des unbeweglichen Systems, bis es zuckt. Die Wissenschaftler waren unisono der Meinung, dass die Veranstaltung überfällig war und nicht ohne Follow Ups bleiben dürfe. Dann vermutlich mit anderen, eventuell auch softeren BDGIZPs, obwohl ich selbst schon wieder drei andere Anfragen habe. und ich wäre keine Rampensau, wenn ich sie nicht annehmen würde

Es war eine tolle Veranstaltung. Besser kann man die Organisation nicht machen. Alles andere ist dann die Sache der Teilnehmer. Es war oft kontrovers, manchmal blieb die Debatte leider vollkommen aus, und obwohl über dieses Blog hier berichtet wurde, die Rebellen ohne Markt der Quell meiner Erkenntnis sind, kam nichts davon hier an. Dieser Text ist nur das leise Plätschern kleiner Wellen an einem frühherbstlichen Strand, über den sich das unendliche Nichts der ewigen Nacht über dem Netz ausbreitet, und nichts, kein lauter Aufschrei im Kommentar deutet darauf hin, dass noch vor 48 Stunden, weit draussen auf dem akademischen Meer beim sonnigen Karlsruher Archipel, ein mittleres Gewitter tobte, denn dort gibt es schlichtweg nicht die Publizität, die hier vollkommen normal ist.

Und ich setze mich in den Sand, ziehe die Schuhe aus und lese in meiner aktuellen Blogzeitung, welche schönen Geschichten die bewundernswerten Kollegen inzwischen geschrieben haben,

just for the fun of it.

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Sonntag, 25. September 2005

Das krasseste Bild der Tagung

habe ich nicht geschossen. Das ging nicht, ich kann es nur beschreiben. Da war spät Abends noch ein Pärchen an einem Bildschirm im halbdunklen, leeren Foyer, während von oben leise Jazzmusik kam. Ich fragte nach einem Hauswärter, weil ich noch den Thinkpad aus dem abgesperrten Raum brauchte. Sie wussten auch nicht, wo der war. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass diese Seite hier offen war, mit den chakteristischen roten Rechtecken links unten.

Man könnte davon geschmeichelt sein, aber ich finde es schon etwas tragisch, ein Ding zu produzieren, in das eine Sie und ein Er dann spät Abends Seit an Seit reinschauen. Of all the possibilities in all the behavior in all the mankind, they are stuck to my blog.

So war das wirklich nicht gedacht, mit dem Bloggen. Ruft morgen gefälligst eine alte Freundin oder einen Ex an, macht ein Date im echten Leben aus, bevor Ihr hier nochmal herkommt.

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Schöne neue Medienwelt: VJs.

RheinmainTV präsentiert ihre VJs, 1-Personen-Teams mit Kamera, die alles allein machen: Kamera, Ton, Journalismus, Schnitt. Als das 1998 aufkam - im Radio hatte es oft schon 2 Jahre früher die Umstellung zum schneidenden Reporter gegeben - gab es grosse Dabatten. So richtig heftig wurde es in der Medienkrise, damals wurde es knallhart unter dem Motto Kostenersparnis umgesetzt, auf Kosten der Arbeitsplätze und der Qualität. Und jetzt gerade wurde es als tolle Sache präsentiert, mit vielen netten Bildern.



Glücklicherweise ist das Publikum kritisch und wenig begeistert. Maybe it´s their Future. Aber hey, wie realitätsverweigernd muss man eigentlich sein, wenn man heute auf der Sklavengaleere Medien anheuert. Das ist keine nette Bemerkung, ich weiss, aber im Moment muss man wirklich jedem davon abraten, sich auf dieses Scheissspiel aud Praktika, freiem Hungertum und massivem Abbau fester Anstellungsverhältnisse abraten.

Ja, ich bin ein Gegenbeispiel. Ja, bei mir lief es anders. Aber ich bin auch die Ausnahme von der Regel.

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23.30 Uhr im ZKM

Johnny blieb im ZKM am Buffet, ich war beim Bloggertreffen; Berichte gibt es wahrscheinlich bei den einschlägig bekannten Websites. Schon komisch; egal wo man in Deutschland hinkommt, finden sich ein paar Blogger, die bereit sind, für ein Treffen zusammenzukommen. Man könnte schon mal die Frage stellen, ob man die Real Life Komponente des Bloggens nicht massiv ausbauen sollte. Weil Blogger im echten Leben erfreulich angenehm und undogmatisch sind. Lohnt sich auf alle Fälle.



Danach zurückim ZKM: Aufräumen mit Johnny und den bezaubernden jungen Damen vom Organisationsteam, die eine grossartige Arbeit geleistet haben. Im Hintergrund läuft smoooth Jazz. Wir überlegen uns noch kurz, ob wir uns nicht mit der letzten Schüssel Tiramisu noch auf die Treppenn vor dem ZKM setzen sollen, aber wir sind alle zu früh aufgestanden. One of the fine stories that never happend.



Dann ins Schlosshotel, Bett, schlafen, frühstücken, good bye Johnny sagen - er fährt back2bigbadberlin - und wieder ins ZKM. Videocasting. Zukunftshoffnungen auch hier, Richtung Gegenöffentlichkeit. Also die Ecke, aus der ich ursprünglich komme. Ich bin erheblich vorbelastet und nicht wirklich objektiv,und vor allem eher pessimistisch, was den Erfolg solcher Aktionen angeht. Der Saal ist heute vergleichsweise leer - schade. Erwartungsgemäss geht die Debatte um die Glaubwürdigkeit von Medien vs. "Bürgermedien", wie die Vorgänger von Videocasting mal hiessen.

Wer sich das Projekt ansehen will: Kanal B.

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Freitag, 23. September 2005

Podcasting

Hm. Nicht ganz mein Ding, weder die technische Basis, noch die Zukunftsvorstellungen, die hier genannt werden. Man muss immer mit Vergleichen vorsichtig sein, aber ein Teil meiner dunklen Zeit in der NE hatte einiges mit Internetradios zu tun, teilweise auch mit Angeboten, die man heute als Podcast bezeichnen würde. Die Vortragenden sind sehr überzeugt davon. Aber ich habe noch immer nicht gehört, was sich seitdem verbessert haben sollte, ganz gleich ob Akzeptanz bei den Nutzern oder bei den Erlösmodellen. Bitte: Das ist nicht meine Debatte, die Debatte läuft hier vor Ort. A little bit of 1999. Wenn man bedenkt,wie die Einschaltquoten bei Wortsendern ist, geht da was nicht zusammen. (Was natürlich nichts über die Qualität eines Spreeblick-Podcasts aussagt)

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Strange, das mit Flickr

Während wir gefragt wurden,wie wir das mit Flickr sehen - Johnny und ich haben damit ja durchaus unsere Probleme, Stichwort Privatsphäre und die Gedankenlosigkeit,wie mit Handykameras umgegangen wird, schlimmer und "cooler" als die gute, alte Überwachungskamera - während wir also solche Dinge kritisieren, richtet jemand prompt ein Tag bei Flickr für die Tagung ein. Vielleicht bin ich langsam zu alt für diese Art der Bildpublizität. Vielleicht bin ich nur ein alter Sack, der aus Versehen in den Blogs gelandet ist.

Vielleicht erledigt sich das auch von selbst, wie bei der New Econmy. Ich denke aber, man wird damit leben müssen.

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Debatte

Nach einem recht theoretischen Vortrag über viele amerikanische Studien zu Blogs und vor allem den journalistischen A-Lister geht es zur Sache - die Dikussion.



Manche kennen sich ganz gut aus, rund ein Viertel der Leute haben selbst Blogs - und manche haben Probleme mit der Privatheit. Es geht hin und her, aber immerhin ist ordentlich was los.

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Zugabe! Zugabe!

1. Regel: Scheiss auf die Regeln. Kümmere Dich nicht um Zeitvorgaben.



2.Regel: Wenn das Publikum es fordert, dauert es eben mal 40 statt nur 30 Minuten.

Will sagen: Johnny hat toll erzählt. Von dem, was der Eck sicher nicht so plastisch rübergebracht hätte, und beileibe nicht so ausgewogen - die Sache mit den Business Blogs. Vor allem aber, toll vom Bloggen an sich erzählt. Schätze, wir haben morgen 10 neue Blogs :-)

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Da stehst du dann

der Ton ist aus, egal, laut sein, in die Mitte stellen, weg von dem Pult, Hände in die Hosentasche und erzählen. Kein Konzept, kein Blatt Papier 1 to 1.



Zwischenfragen nimmst du an. Klar, du kennst den Wunsch zu kommentieren. Also dürfen sie. Es war ziemlich konträr. Das wird eine lustige Debatte.

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Die Zusammenfassung des Beitrags,

den ich angesichts der hier erkennbaren Ahnungslosigkeit nicht halten werde, ist im Kommentar.

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Typische arrogante Schwa--hmpf---l--ampel

Ähdädädä, da will jetzt eine eine qualitative Kontrolle von Blogs, weil das nämlich alles irrelevant ist, was da geschrieben ist. Das ist ja wohl die übliche Standardfrage. Jetzt geh ich dazwischen. Wenn sie mich lassen.

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Volles ZKM

das hätte ich so nicht erwartet - ziemlich voll hier,70 vorwiegend junge Leute



Inhaltlich habe ich den Eindruck, back in 1999 zu sein.Klar sind Blogs, Chats und Podcasts für die Leute hier täglich Brot, aber der Gedanke, dass das auch nur ansatzweise inzwischen so etwas wie Relevanz hat, oder haben wird. Leggewie geht davon aus, dass Blogs besser als Foren sind,weil da was los ist - da wird kräftig mit dem Phrasenhammer auf das Thema draufgehauen. Ich verstehe durchaus, dass man von der Glotze die Schnauze voll hat, aber der Gedanke, dass das jemals eine Mehrheit machen will, ist in my humble opinion zu optimistisch - wenn man den Anspruch einer politischen Öffentlichkeit überhaupt erheben will.

Ich habe gestern was an der Blogbar darüber geschrieben, aber wenn das dann schon als Demokratiediskurs mit Public Access gesehen wird,nehme ich meine sanfte Zuversicht wieder zurück.

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Angekommen,so lala

durch den dicken Nebel des Hügellandes südlich der Donau,hier geknipst so gegen 7.10 Uhr



in Deutsch-Suedwest-Schwarzfussien. Jetzt weiss ich auch wieder,warum um schwäbische Autos so viel Blech herum ist: Rüstung für den Fall, dass die Bayern mit in Bayern üblicher Geschwindigkeit von hinten kommen. Mann Mann Mann... kaum schneller geworden seit Daimlers Zeiten.



Ich bin zu spät, das Wetter ist schön, der Saal ist voll. Und wie immer am ZKM, fällt sehr oft das Wort Ökonomie, tsss. Und der Vortrag hier ist mit DEmokratir 2.0 überschrieben. Manchem würde da einer abgehen, ich fühle dagegen ein leichtes nervöses Zucken in meinem Demokratieverständnis. Ich denke,ich werde nachher dem Publikum die Puppen und andere Psychos vorführen,um das hier mal zu erden.

Ach so, ja, und ich trage meine alte Kriegsfarbe Schlammgrün. Soeben kam vom Vortragenden Leggewie der Begriff einer demokratischen Elite in den Blogs - ich vermute, er hat noch nie ein Blog eines Myblog-Girlies gesehen, das seine Piercings im Macromode online stellt. Wo ist da bitte demokratische Potential des Internets?

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Freitag, 23. September 2005

Real Life 22.09.2005 - Die Reise nach G.

Im Boden eingelassen ist ein Trampolin, und alle Kinder wollen hoch hinaus. Weil sie nicht im Einklang springen, nimmt das Gummituch keine richtig Schwingung an. Sie kommen nicht weit nach oben, und am Rand stehen besorgte Mütter, immer bereit, den Bewegungsdrang zu stoppen, falls mal doch eines zu hoch kommen sollte, man kann ja nie wissen. Es ist angenehm weit weg von hier, nicht allzu laut, eine kaum störende Kulisse für einen geruhsamen Nachmittagstee in der Frühherbstsonne. Bevor das Reisen wieder beginnt, und die lange Phase der Ruhe beendet. Vier Städte in zwei Wochen, Karlsruhe, München, Strassburg, Berlin, und vielleicht auch noch Basel. Du rührst missmutig in deinem Tee und überlegst, wie du zumindest den Trip in die Schweiz ausfallen lassen kannst.

Und was du Iris mitbringen kannst, die auf der anderen Seite des Tisches wenig gut gelaunt ist. Das war so nicht vereinbart, da hat sie recht. Eigentlich solltest du am Samstag abend im Festsaal mit ihr in einem Konzert sein. Und mit ein paar Bekannten. Schlisslich gibt es sowas nur zweimal im Jahr. Sie hätte auch noch eine Karte für die Elitesse, die aber eingedenk des letzten katastrophalen Treffens lieber eine Zwischenprüfung machen würde, als nochmal mit Iris zusammenzutreffen. Was machst Du eigentlich mit der, fragen beide Seiten, und du bist irgendwie ganz froh, dass sie sich nicht gegenseitig darüber aufklären. Du redest im Autopilotenmodus irgendwelche Belanglosigkeiten in dem Wissen, dass der Abend mit ihr, wenn er denn vorgesehen gewesen wäre, wenig angenehm verlaufen wäre. Hoch oben zieht ein Flugzeug eine Kondenslinie in den unfassbar blauen Himmel.



Ich verstehe dich nicht, mault Iris. Kannst du nicht wann anders dort hin fahren? Dort ist G., ein kleiner Ort im südlichen Elsass zwischen Colmar und Mühlhausen, mit einer berühmten romanischen Abtei, aber die ist nicht dein Ziel. Du warst zehn Jahre nicht mehr dort, in dieser kleinen Stadt, wo sich die Menschen langsam hocharbeiteten, eineinhalb Jahrhunderte, bevor sie dann weiterzogen nach Franken, und deren letzter Spross du bist.

Drüben plärren die Kinder, die ohne Geschichte und Erinnerung aufwachsen werden, ihre Eltern werden alles platzsparend digital speichern, und später einmal wird das alles weggelöscht. In Zukunft wird sich die Geschichte aus 0 und 1 nicht mehr sträuben, wie in G., wo sie in allen Steinen steckt. Du könntest jetzt mit Iris einen Dialog darüber führen, wieso gerade eure beiden Clans mit euch aussterben werden, und ob das nicht auch ein Stück Luxus ist, das Antlitz der Welt von diesen alten, stumpfen und nicht weiter entwickelbaren Geschlechter zu befreien, in den Steinen sind ja noch genug Erinnerungen, und warum sollten nicht mal andere die Chance bekommen, die Stadtpaläste und Vorstadtvillen, so die nächste Flut sie nicht wegschwemmt, zu beziehen.

Aber das ist vielleicht nicht das richtige Thema für diesen Tag, und so versprichst du ihr, dass es nicht lang dauern wird, zu den Gräbern darf man sowieso nicht an diesem Tag, und mit dem Audi dauert es keine drei Stunden... das ist gelogen, du weisst, dass du es nicht schaffen wirst, aber es wahrt den eitlen Schein unter diesem einzigartigen blauen Himmel.

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Mal ne Frage

Ich bin ja morgen im ZKM in Karlsruhe und erzähle mit Johnny was über Blogs. Es sind auch einige andere lockere Leute da. Gibt es hier Interesse, dass ich ein wenig hier oder an der Blogbar mitblogge? WLAN wäre dort vorhanden.

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Zynismus des Monats

Manchmal bin ich doch etwas fassungslos, wenn ich mir die Dreistigkeit mancher Überschriften anschaue. Gestern zum Beispiel war in der Südeutschen ein Interview zur Frage, ob Schröder von den Medien ungerecht behandelt wurde. Die Antwort war "Nein" - und das kam ausgerechnet von "Media Tenor", der Nachfolgeorganisation der hier gefinalten und für seine Falschaussagen berüchtigten "Medien Tenor".

Und was wagt die Netzeitung heute zu titeln?

"Experte: Wähler belügen Meinungsforscher"

Ich hatte ja eher den Eindruck, dass es andersrum läuft - man denke nur an die Wehklgen der CSU am Wahlabend, dass man vergebens so viel Geld für Meinungsumfragen rausgeschmissen habe. Und wer wird da interviewed? Man mag es nicht fassen, ausgerechnet Klaus Kocks von "Vox Populi", der seit 30 Jahren bei der SPD ist, und diesmal in der Bild öffentlich als CDU-Wähler aufgeführt wurde. Der bis 2001 Kommunikationsboss bei VW war, sich selbst bei Schröder für Posten in der Regierung ins Spiel gebracht hat, und über den die FAZ ausführt:

Kocks hat in fünf Wahlkämpfen fünf Kandidaten beraten, einen aus der FDP, einen von den Grünen und drei aus der SPD - darunter Sigmar Gabriel, was angesichts von dessen aktuellem Karriereverlauf wohl auch die Grenzen der Kommunikationsberatung demonstriert.

So, die Wähler belügen also die Meinungsforscher. Ah ja. Mal ne andere Frage. Hat sich inzwischen schon ein Meinungsforscher aufgehängt?

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Der billigste Weg zur Macht

Was kostet es eigentlich die SPD, sagen wir mal, ein halbes Dutzend jetzt noch bei der WASG befindliche Ex-Genossen zurück in die Partei zu holen? Wenn Oskar mal wieder seine Psychopathen-Manier rauslässt, die PDS sich als totalitärer, undankbarer Haufen erweist und die Alternative irgend eine Koalition mit Schwarz und Merkel und FDP und Grün oder SPD wäre? Und wieviele waren das nochmal bis zur stärksten Fraktion? Drei, oder? Und sind die WASGler nicht eigentlich freie Kandidaten auf offenen Listen der PDS gewesen?Sind also eigentlich nicht wirklich PDS? Und haben Müntefering oder Schröder nie an sowas gedacht?

Nur mal so nachgedacht.

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Mittwoch, 21. September 2005

Zeytgemäsze pildliche Umbschreybunk

dero bayerischen hochwuerdigsten Staatspartey
und Ihrer grossmütigsten Machthaberei
aufgezeiget drey Tag nach der groszen Bataille
welche ünter Mithülf der hiesigen Bürgerschaft
nicht ad majorem delectatio der Superiori
und dero Merkelmetzen zu Berlin geschlagen ward.



Und welche gelten mag als Befintlichkeit
des Generalissino Söder sowie der Lanzknecht
vo der juvenilen Union und weiterer zerhauener
Groszmäuler welche ohne Transportatio
nach Berlin verpleiben werden
Anno Domini MMV.

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GFT verkauft an Pixelpark - hahahaha zu komisch

GFT Technologies, früher ein Riese im Onlinegeschäft, verkauft selbiges an den Ex-Riesen Pixelpark, heute eine kleine Coderbude in Berlin. Und was heisst das heute noch? Gerade mal 15 Mitarbeiter wechseln die Firma.

Gott sind die fertig. Das wollten mal Global Player sein.

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Bevor hier jemand zum Lügen-SPON klickt

Erst mal die Süddeutsche und Heribert Prantl lesen. Danach kann man sich das hysterische Geschnatter von das Äntschies gerupfter Büchsenspannertruppe sparen. Ausserdem kann Prantl auch schreiben, was heutzutage bei dem Kinderdrogenstrich der Online-Johurnaille nicht mehr oft zu erleben ist.

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Dienstag, 20. September 2005

Leutheusser-Schnarrenberger im Umfallen

Auf diese Frau muss man ein Auge haben, das ist die, die Guido merkelmeucheln kann. Am Sonntag hat sie die Ampel noch völlig ausgeschlossen; heute heisst es schon in Richtung Schwarz-Gelb-Grün: "Ich denke, dass das ein Versuch ist, der eher tragen könnte, als dass die FDP mit der SPD könnte". Heisst: Alles ist denkbar, ich schliesse nichts mehr aus. Und die Chemie zwischen SPD und FDP stimme nicht. Na wenn das alles ist...

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Ostelbische Schleimpostings

Ein gewisser f. Randow arbeitet bei einer Zeitung, die meine Eltern abbestellt haben, glücklicherweise. Sie nahm so viel Platz in der Papiertonne weg. Das Internet ist dagegen extrem schmal, was f. Randow aber dadurch ausgleicht, dass er die gesammlte Arroganz des Hirnfick-Kulturteils seiner Zeitung in ein schleimtriefendes Angeberposting mit Bitte um Traffic für sein Onlineprojekt hineinlegt. Bei mir würde das unter dem Begriff Spam laufen. Das Fachblatt für Ostelbierrevivals hat es wohl nötig.

Und das ausgerechnet unter einem wirklich lesenswerten Artikel über Blogs von Journalisten bei Telepolis. Manchmal frage ich mich, wie Ostelbier ihre Kinder erziehen. Und ob überhaupt.

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Die angenehme Wahrheit des Tages I

68 hat gesiegt. Es gibt keine bürgerliche Mehrheit in Deutschland mehr - und es wird sie auch nicht mehr geben. (andere sehen das natürlich anders)

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Das Treffen der Rampensäue

und ich muss mir jetzt alle Mühe geben, damit das keinerlei Ähnlichkeiten mit dem hier bekommt, haha

Eigentlich sollte ich am freitag am ZKM in Karlsruhe ja was über die Kultur des Bloggens erzählen. Danach sollte ein gewisser Eck, Klaus kommen, Betreiber des Blogs PR-Blogger.de. Hmja, was soll ich sagen. Lange Geschichte. Was an der langen Vorgeschichte liegt: Als klein Donnie auf Dotcomtod die Münchner Contenwirtschaft einsargte, war besagter Eck lustigerweise Leiter eines Arbeitskreises Content Bizz bei einem zur Lobby aufgepusteten Stammtisch wenig erfolgreicher Internethansel. Damals hiessen die noch CEO und waren 6 Monate vor einem IPO, der aber nie kam. Das sagte ich ihnen auch ziemlich offen, weswegen sie mich nicht besonders mochten. Ich hätte noch viel weniger das gemocht, was ihnen dann passierte, höhö.

Damals glaubte der Eck an die Verwertbarkeit von Internet Content, ich sah darin vor allem eine Ausbeutung dummer, mediengeiler Kids und die Knebelung von Journalisten. Das Massensterben hat die Debatte hinfällig gemacht, eines dieser Content Bizz Treffen war ein wenig die Vorlage für eine Szene in meinem Roman, das war´s. Die New Economy verreckte, ich wurde Schriftsteller.

Aber man trifft sich bekanntlich immer zweimal, und viele der früheren CEOs tauchten als Blogger wieder auf. Und irgendwie hat es dem ZKM gefallen, mich und den Eck in eine Veranstaltung zu stecken - und so sollte es eigentlich am Freitag zum Showdown kommen. ich habe mir eine Menge Bösartigkei Argumente gegen einen Outer von anderen Blogge eine Auffassung von Bloggen als PR-Kanal einfallen lassen, und nun das: Eck kommt nicht.

Aber ich habe dem ZKM angeboten, Ersatz zu vermitteln. Und prompt sagte der einzigartige Johnny "Jambakilla" Haeusler vom Spreeblick zu, auch zu kommen. Und nach mir zu sprechen. Der kann das. Der hat echt was drauf. Und dann rocken wir das ZKM zusammen. Und danach ist Bloggertreffen. Anmeldung hier.

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Montag, 19. September 2005

Neuer Kotzbrocken aus dem Steingart en

Na da schau an: Der SPON zeigt, was er in Sachen Retusche von Stalins Bildverbesserern gelernt hat.

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Klogriff des Tages

Die Mediaplaner und die Werbeagentur der Telefonauskunft 11880 hatten offensichtlich selbst eine suboptimale Auskunft, was den Wahlausgang anging - sonst hätten sie nicht sowas geschaltet:



Ein Haareschneider für Angie? Das einzige, was bei Angie jetzt noch geschnitten wird, ist die Gurgel - und die Leute dafür findet man heute problemlos an der gesamten Parteibasis. Und Biergärten für Gerd? Der hat doch den Garten des Kanzleramts.

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Blog nicht mehr 4 Berlin

Es gibt ein weiteres Opfer der Schlacht um Berlin zu verkünden: Das berüchtigte Södersche Spammer-Blog Blog4Berlin ist tot. Die CSU braucht offensichtlich kein Blog für Berlin mehr.
Sie haben verloren.
Sie sind tot.
Sie sind Geschichte.
Eine ganz schlechte Geschichte.

Zum Glück habe ich mit ein paar Andenken gespeichert.

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Mama, darf ich die braunen Kids noch mal demütigen?

Die Puppen da drüben? Aber nur ein Mal, verstanden?

Versprochen. Mein grosses linkes Punker-Blog. Meine 2000+ Besucher am Tag. Mein Stuck. Meine Kronleuchter. Mein Stadtpalast. Mein Ficken mit den Töchtern höherer CSU-Chargen, die ihre Eltern doof finden. Meine Bildersammlung mit dem verzweifelten Merkel. Mein Kanzler. Mein Sieg.



Mein höhnisches Lachen.

Jetzt ist aber gut, Alphonso. Denk an den Ruf der Familie.

Ja, Mama.

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I predict a riot

Guido Westerwelle wird umfallen und Vizekanzler einer Ampelkoalition. Natürlich nicht so schnell. Er wird offiziell befürchten, Vorsitzender einer Partei zu werden, deren Fraktion einen anderen Weg geht, und der Partei diese Zerreissprobe ersparen. Denn Sabine Leutheusser-Schnarrenberger denkt nach kurzem Nachdenken gar nicht daran, nicht Justizministerin zu werden. Hört man so.

this one is dedicated to all the schwampels in the nation

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Würdelose Vollpfosten

Da wird mir der Strauss fast wieder sympathisch: Der hätte sich eher erschossen, als dass er mit den Grünen ins Bett gestiegen wäre. Dito der junge Stoiber. Dass gerade die CSUler jetzt anfangen, neben dem gschlamperten Verhältnis mit dem eh schon verhassten, wahlsiegenden, andersrumigen Leichtmatrosen auch über eine Koalition mit den Grünen nachzudenken, zeigt den Grad der moralischen Verkommenheit. Lieber das Schwarze unter den Fischers Fussnägeln herauslutschen wollen, als in Ehre zu sterben. Oder reichen die schwarzen Kassen noch nicht mal mehr für die Beschaffung von Munition? Oder scheitert es beim korrekten Ausfüllen eines Bestellschein´s?

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Sonntag, 18. September 2005

Bei den kackbraunen Puppen

kotzen sich übrigens gerade ein paar Neconablos ihre schwarzen Ersatzseelchen raus, fast so schlimm wie manche assligen Moderatoren des Bayerischen Rundfunks im Moment, die heute eigentlich wohl feiern wollten. Im Radio hat man um 18.04 Uhr den Horror in ihren Stimme gehört. Zum Brüllen. Was für ein Tag aus bayerischer Sicht. Denn:



Im Süden geht die Sonne unter. Keine Partei hat mehr verloren als ausgerechnet die CSU, von 58,6 auf 49,8 49,7 49,3%. Merkel ist so in Stoibers Heimat verendet, wie Stoiber in Merkels Heimat abgesoffen ist.

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18.04 Uhr

Ich rase mit völlig überhöhter Geschwindigkeit die Auenstrasse hinunter, der Motor orgelt wie am Tag des jüngsten Gerichts, ich brülle, ich schreie, ich prügle auf die Wagentür ein. Und ich, Teil des Souveräns dieses Staates, lache. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu lachen. Gott ist das geil. Keine rechte Mehrheit, die CDU so aufsteigend wie die Mundwinkel von das Merkel.



Wenn ich jetzt an die Fressen von das Äntschie denke, den Stoiber, den Koch und die Neconablos der Blogschmiererfraktion und ihre Vorbilder bei den Drecksjohurnaillen SPON und Bild, dann platze ich. Einfach nur die Zahlen anhören, schon gut genug, nach diesen Monaten. Ich habe einen Lachkrampf. Mein Bauch tut höllisch weh. A soichane Hund, dea Gerhard und da Fischer Joschka.

An den nächsten roten Ampel halte ich. Ich liebe rot. Neben mir hält der grosse, schwarze BMW, den ich an der letzten Ampel restlos versägt habe. Der Beifahrer lässt das Fenster runter, wie die anderen drei jungen Burschen im Trachtenjanker, wahrscheinlich auf dem Weg von Oktoberfest, und fragt, nicht wirklich glücklich aussehend: Se san ned fia de CSU, oda?

Na, sage ich. I bin a Roada. Und gebe Gas.

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Keine Wahlempfehlung VII

Letztlich sind es dann die kleinen Dinge, die Blicke, die Gedanken, die privaten Reaktionen, die alle Zweifel wegwischen. Ich hätte mir die letzten drei Jahre in manchen Bereichen eine Politik gewünscht, die schneller und härter reagiert hätte. Aber dagegen standen Gewerkschaften, Industrieverbände und Opposition gleichermassen. Aus reinem Machtkalkül. Das heutige Ergebnis wird, egal wie wer feiert, mittelfristig für niemanden Anlass zur Freude sein. Ein 360°-Pyrrhussieg. Aber letztlich sind es die kleinen Dinge, die die Wahlentscheidung unausweichlich machen.

Ich bin einigermassen zufrieden, aber nicht restlos begeistert von der Partei, die ich wähle. Und hier in Bayern muss ich akzeptieren, dass die CSU, so wenig ich sie mag, eine Vielzahl von Erfolgen vorzuweisen hat. Trotzdem meide ich diese Partei, ich habe genug von ihr im Landtag erlebt, 5 Jahre lang, und auch eineinhalb Jahre in Berlin. Wegen vieler kleiner Dinge. Und deshalb mache ich immer auch einen Bogen um ihre Stände in der Fussgängerzone, um mich nicht mit dem Flyerpersonal der JU zu streiten.

Gestern nun musste ich vom Wochenmarkt schräg über die Fussgängerzone zu einem Geschäft, um eine Bestellung abzuholen. Einen Netzadapter für ein japanisches Stromkabel. Das Stromkabel gehört zu einem unendlich flachen Notebook, und das wiederum gehört einer Elitesse aus Tokyo, die eine Wohnung im Stadtpalast gemietet hat. Die Elitesse hat mich begleitet, und wir sind praktisch direkt in den Stand hineingelaufen.

Ich habe die Gesichter gesehen, und die Blicke. Ich habe die Filme gesehen, die in ihrem Köpfen abgelaufen sind. Ich weiss, was sie gedacht haben, jedes Detail, alle Optionen. Da tanzt das Kollektiv sofort wieder den Adolf, es kann nicht anders. Das passiert bei denen automatisch, es ist ein Reflex aus dem Rückenmark und der Leistengegend, da muss niemand erst was sagen oder sein Gehirn bemühen, es ist einfach da, gleich unter der Oberfläche. Die sind so, alle Bomben und Granaten des zweiten Weltkriegs haben das nicht ändern können, und die werden immer so sein, trotz CSU-Alibi-Zuwanderin im Stadtrat.

Einer ist immer dabei, K.. K. war der Sohn von Ladenbesitzern, die das Pech hatten, von einer der ersten Konsolidierungswellen nach dem Wirtschaftswunder überrollt zu werden. Die Läden hatten gegen grosse Ketten keine Chance und machten pleite. Die Familie wurde en gros gesellschaftlich nach hinten durchgereicht, nur nicht in ihrem Wohnumfeld, in dem es damals so etwas wie ein intaktes Sozialgefüge gab. K.´s Vater baute die Leuchtreklamen von den Geschäften ab, die den Namen seiner Familie trugen, und lagerte sie unter einem Vordach ein, in der Hoffnung, sie später mal wieder montieren zu können. Es hat nicht geklappt.

Dann ging alles sehr schnell. Die Familie brach auseinander, K. war das erste und einzige Scheidungskind, das ich kannte, während in allen anderen Familien der besseren Gesellschaft je nach Lust und Laune hinter der glatten Fassade karnickelt, geschluckt, gehasst oder Selbstmord begangen wurde. Als Kind bekommt man das nicht so mit, und erst sehr viel später wurde mir bewusst, was damals alles geschehen ist, in den sog. besseren Kreisen der Stadt. K. war im Zentrum eines alles vernichtenden Malstroms, er war das einzige von uns Kindern, das nicht im Gefühl der absoluten Sicherheit aufgewachsen ist. Er suchte Halt, und fand ihn. In der jungen Union.

Sie haben ihn natürlich nie nach oben kommen lassen. Er kam nie auf die sicheren Listenplätze, er wurde nicht bevorzugt, er hat die Drecksarbeit gemacht, für die Söhnchen anderer Clans. Er war nie im Stadtrat, der grosse, bärenstarke, gutmütige Junge, er hat alle Zurücksetzungen hingenommen, vermutlich, weil er an die Moralvorstellungen der Partei geglaubt hat, die er in seiner Familie nicht mehr gefunden hat. Ich war in der Schule wegen 43 Fehltagen (die Windsurferkrankheit, gegen die nur ein Sanatorium am Gardasee half) schlecht, K. wegen der intensiven Parteiarbeit. Aber wir haben uns immer gut verstanden.

Gestern war er auch im Dienst. Und während ich durch all die Blicke, die Filme und Krankheiten im Kopf gelaufen bin, habe ich ihn angeschaut. Und gegrüsst. Er hat mich sofort erkannt. Ein Blick auf mich, meine Begleiterin, die anderen, und er hat sich weggedreht. Kein anderes Zeichen, nichts.

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