Es ist immer eine Frage des Standpunkt

Ich habe einen Bekannten, der in etwa so technikfeindlich lebt, wie man bei mir einen Eindruck von meinem Leben bekommen könnte. Der Mann ist kein Spinner oder Freak, sondern recht erfolgreicher Chirurg, und weiss durchaus, wo der medizinische Nutzen des Fortschritts liegt.



Aber privat will er damit so wenig wie möglich zu tun haben. Kein Internet, kein Mobiltelefon, keine Email, kein Rechner. Das kann man sich bei einem Altersgenossen bei diesem Bildungsstand kaum vorstellen, und ich gebe zu, dass ich viele seiner Ansichten nicht teilen kann. Sicher, meine Wohnung kokettiert mit dem Vorgestrigen, aber mein Leben und Arbeiten ist ohne Internet nicht vorstellbar. Vielleicht tut meine Wohnung gerade deshalb so technikfeindlich: Weil es die Illusion lässt, es ginge auch anders. Das ist nicht weiter schlimm, Netz haben ist auch nichts anderes als einen Telefonanschluss haben. Allerdings fange ich langsam an, die Sache mit dem Mobiltelefon etwas differenzierter zu sehen. Ähnlich wie mein Bekannter.



Da ist vor allem die Sache, dass mich dieses Gerät, wenn ich es bei mir trage, dauerhaft tracken kann. Fahre ich nach Italien, kennt es meine Route, meine Geschwindigkeit, meine Haltepunkte und Abschweifungen, und überhaupt nicht schön wäre es, wenn dazu auch noch Informationen meiner Interessen kämen, weil ich irgendwo etwas im Internet gesucht habe: Ein Lokal, ein Denkmal, eine Konditorei; das machen andere ganz selbstverständlich und immer, bei mir geht es technisch nicht. Zum Glück. Und es gibt unterwegs eigentlich nur zwei Situationen, in denen es eingeschaltet bei mir ist: Beim Radeln über weite Strecken und beim Bergsteigen. Sollte da etwas passieren, will ich nicht erst den Code eingeben oder anderweitig drücken müssen. Ansonsten erscheint mir das inzwischen zu heikel. Da geht es mir auch etwas um das Prinzip: So genau soll keiner wissen, wo ich was mache.



Ausserdem finde ich Phasen der totalen Entkoppelung wichtig. Man hat ja so die Neigung, einfach, weil es so simpel ist, vieles ins Digitale zu verlagern, verliert dabei aber auch einiges an Fähigkeiten. Das ist nichts Neues, die Mikrowelle ruiniert die Kochkompetenz und die Schreibmaschine die Handschrift; das alles ist in Ordnung, aber beim Internet ist es das Wissen, die Erinnerung und die Kommmunikation, und das sind die Kernbereiche des Menschen. Zumindest zeitweise muss es unbedingt auch ohne das Netz gehen. Sonst fängt man an, das Leben als Ergänzung einer Simulation betrachten. Das mag gar nicht schlimm sein, wenn die Realität nur so mittelprächtig ist, aber selbst dann liefert man sich an etwas aus, das nicht nur hilft, sondern auch, ohne uns zu fragen, abspeichert und erinnert. Und damit kann man beginnen, das reale Leben passend zu organisieren. Kennt man die Wege, wird man die Informationen anpassen können. Kennt man die Aufenthalte, kann man die Produkte vorstellen. Kennt man die Vorlieben, kann man täuschen. Die ganze Geschichte geht für mich ziemlich stark in Richtung Attentat mit Daten. Aus der Vergangenheit wird man für die Zukunft schliessen. Und versuchen, über die Schnittstelle die Zukunft passend zu gestalten.

Für Freunde eines sog. "Freien Willens" eigentlich keine schöne Vorstellung. Ich lache noch über dumme Googleanzeigen. Es ist noch weit hin, bis mir das Netz eine zielgenaue Realität mit passender Gewichtung einredet. Aber solange kann es nicht falsch sein, die Sphären zu trennen Was ich mir wünschen würde, wäre eine Fehlerquellen-App, die falsche Daten sendet und mich unberechenbar macht. Solange schalte ich das Telefon aus. Und wer etwas will, soll warten, bis ich Zeit habe.

Mittwoch, 21. März 2012, 00:37, von donalphons | |comment

 
Mit dem Internet verbundene Gegenstände finde ich auch ausgesprochen komfortabel, der Besitzer kann die Heizung einschalten, den Fernseher einschalten und nachschauen was seine Haustiere machen. Kann der Rechteinhaber auch, NSA, BND, USW, und der Verfassungsschmutz kann nachsehen ob seine V-Leute genug Bier im Kühlschrank haben. Die RFID Technik bietet auch komfortable Möglichkeiten der Zuordnung von Gegenständen und Personen, ein mit Karte gekauftes Kleidungsstück mit Chip kann dazu führen das man beim nächsten Besuch im Laden mit Nahmen begrüßt wird, oder beim nächsten Besuch der Schlapphüte gefragt wird was man denn auf der ungenehmigten Demo gegen den Überwachungsstaat gemacht hat.

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mit den smartmetern hat "man" auch die möglichkeit anhand des stromverbrauchs das jeweilige TV programm des Kunden bequem von der "zentrale" aus zu beobachten. das internet der dinge ... ein wunderbares neues spielfeld für alle kundigen und interessierten.

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TrackMeNot
zumindest für Firefox gibts was dass Suchmaschinen kontinuierlich mit Unsinn füttert :-)

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Möglichst viele Daten zu produzieren ist meine Devise.
Einfach zusch... mit Daten!

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Sehn'se wohl, ich habe gar kein Handy. Mich muss niemand auf meinen langweiligen Wegen zwischen Büro und Hütte anrufen, so wichtig kann es nicht sein. Im übrigen kann ich da eh nichts machen, selbst wenn es brennen sollte. Ich lese lieber und möchte dabei auch nicht gestört werden. Wer mich telefonisch erreichen will, der kann mich im Büro oder zu Hause über das Festnetz erreichen, ansonsten per Email. Wem das nicht reicht - schade.
Meine Frau hat ein Smartphone. Sie ist auch viel mit den beiden Monstern unterwegs und möchte dann erreichbar sein. Im übrigen ist es immer unsere kleine Notrufsäule, wenn wir mit dem Auto unterwegs sind. Aber ansonsten?

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Akku raus
Ich glaube, wenn alles im Leben, unsere Wege, Angebote, Möglichkeiten, nur noch als App vorausgedacht werden, dann unterliegen wir einer Einschränkung, die ich Verblödung nenne.
Wer sich nur dorthin wendet, wo das Navi die Koordinaten und die Route kennt, verzichtet bereits auf einen guten Teil seiner Freiheit. Abkoppelung in diesem Sinne bedeutet für mich die Möglichkeit, Wege selbst zu wählen und sich selbst zu finden.
In diesem Zusammenhang steht für mich ebenfalls das trendige "Geo-Caching". Wird man bald nicht mehr in den Wald dürfen, wenn man dort nichts zu suchen hat?

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Das mit dem Radfahren und Bergsteigen ist ja eine interessante Sache. Auf der einen Seite ist das Argument für das Mobiltelefon hier kaum widerlegbar. Auf der anderen Seite liegt der Zweck vom Wandern/Bergsteigen für mich zu einem erheblichen Teil im Alleinsein - wenn man so möchte was Sie "Phasen der totalen Entkoppelung" nennen. Und das ist für mich auch untrennbar mit dem Risiko verbunden, im Falle unvorhergesehener Ereignisse auf sich allein gestellt zu sein.

Man könnte übrigens das Argument für das eingeschaltete Telefon zwecks leichterer Erreichbarkeit im Fall der Fälle auch konsequent weiterdenken zu einer Totmannschalter-App, welche in bestimmten Zeitintervallen eine Bestätigung erwartet und bei Ausbleiben automatisch den Notruf absetzt...

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Mein Handy ist so alt, dass ich dafür regelmäßig mitleidige Blicke meiner Mitmenschen ernte. Ich hab' noch nie versucht, damit eine Mail zu schreiben oder zu surfen. Ist mir zu fummelig und schließlich habe ich dafür zuhause meinen Desktop (Prädikat "prähistorisch").

Die Einstellungen meines Browsers sind ziemlich restriktiv, so dass der Seitenaufbau manchmal ein bisschen langsamer ist oder ich im Zweifelsfall mal ein Skript nachladen muss. Alles kein Beinbruch und ich bin lieber ein wenig zu paranoid als hinterher der Mops.

Technikgeräte sind womöglich die Fetische des 21. Jahrhunderts. Zumindest spricht so Einiges dafür, wenn man sich mal die prozentualen Konsumausgaben der deutschen Haushalte in den letzten Jahren dafür ansieht.

Einer meiner ehemaligen Lehrmeister hat vor nicht allzu langer Zeit eine Studie zur (vermeintlichen) Technikphobie der Deutschen veröffentlicht. Dabei kam heraus, dass nur etwa 5% der Bevölkerung quasi als generell technikfeindlich durchgehen. Allerdings ging's da nicht nur um Kommunikationstechnik.

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